Niemand ist frei von stereotypen Denkweisen. Klischees sind jedoch keinesfalls immer abzulehnende Vorurteile; ohne ein Grundgerüst an abrufbaren – also vorgefassten – Meinungen würde uns der Alltag ständig überfordern. Jede neue Person, jede neue Situation müsste gründlich analysiert und gewertet werden: eine Leistung, die nicht erst im postmodernen Informationszeitalter von einem Einzelnen nicht bewältigt werden kann. Hier helfen solche abrufbaren Denkmuster bei der Einschätzung und Gewichtung aller nur denkbaren Situationen im täglichen Leben. Auch diejenigen unter ihnen, die keinen wahren Kern in sich tragen, vereinfachen das Treffen von Entscheidungen, indem sie Informationen in gewohnte Bahnen lenken. Trotzdem gibt es selbstverständlich eine Unmenge an Klischees, über deren Ursprung oder Sinn sich nur rätseln lässt.
Nicht alle Bewohner Finnlands sind maulfaul und trinkfreudig, nicht alle Schweden depressiv und die überwiegende Mehrheit der Italiener ist keinesfalls korrupt. Männer sind nicht immer analytisch begabter als Frauen, Mädchen nicht immer anpassungsfreudiger und fleißiger in der Schule. Die emanzipierte Frau hat es heutzutage nicht nötig, ihre Selbstständigkeit und Individualität zu betonen – und gerade hierin liegt die große Freiheit, mit bekannten Stereotypen zu spielen, sie kreativ für sich einzusetzen und auszunutzen. Neben der dekorativen Kosmetik kann hierzu auch eine bestimmte Art des Stylings gehören, beispielsweise eine bestimmte Frisur und zur Kleidung farblich passende Kontaktlinsen. Wer sich bei rotem Haar für ein graues oder grünes Outfit entscheidet, könnte neben einem passenden Make-up beispielsweise grüne Kontaktlinsen wählen, um tatsächlich alles aufeinander abzustimmen. Grüne Augen signalisieren, immer den gängigen Klischees folgend, Sinnlichkeit mit Hang zu Wildheit und Gefahr (Katzen und Hexen sind hier die zugrunde liegenden Fantasien). Beschützerinstinkte wird die Frau auf diese Weise kaum wecken. Ohne gleich als Männer verschlingender Vamp daherkommen zu müssen, kann es durchaus amüsant und lohnend sein, sich der Wirkung solcher Kischees bewusst zu werden.
Klischees sind, wenn man sie denn als solche erkannt hat, eine praktische Angelegenheit. Sie anderen auszutreiben ist eine nahezu hoffnungslose Angelegenheit – wahrgenommen wird das bestätigte Klischee, als Ausnahme von der Regel wird dessen Widerlegung gewertet. Also: Stereotypen für sich selbst hinterfragen und ansonsten mit ihnen kreativ umzugehen ist die Grundlage für ein souveränes Auftreten, beruflich wie auch privat.